Bild rechts: Fast ausnahmslos "Blech-Juristen" beim Autorechtstag 2017. Dialoge und Kompetenz, von der die BVfK-Mitglieder profitieren.
Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung:
Beweislastumkehr des § 476 - Kfz-Händler sind nicht immer die Ge“lack“meierten
OLG Düsseldorf: Beweisvermutung bei Unvereinbarkeit mit der Art des Mangels nicht anwendbar
Die Klägerin erwarb einen „Audi A5 Cabriolet 3.0 TDi clean diesel quattro“ zu einem Kaufpreis i.H.v. 67.897,50 €. Anschließend stellte sich heraus, dass das Fahrzeug an diversen Bauteilen mit Lackschäden versehen war. Zwischen den Parteien war streitig, ob die Schäden bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden waren. Die Klägerin erklärte infolge dessen den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der verklagte Fahrzeughändler hatte die Auffassung vertreten, im Rahmen der widerleglichen Vermutung gemäß §§ 474, 476 BGB habe er als Beweisbelasteter durch Aussage eines Zeugen, der das Fahrzeug zuvor auf Schäden kontrolliert habe, bewiesen, dass die Lackschäden nicht bereits bei der Fahrzeugübergabe vorhanden gewesen seien. Demgegenüber berief sich die Klägerin auf das Urteil des BGH vom 12.10.2016 (VIII ZR 103/15) und argumentierte, dass der BGH den vollen Beweis für die Widerlegung der Vermutung des § 476 BGB durch den Käufer verlange. Das Gericht habe hier die unterschiedlichen Zeugenaussagen falsch gewürdigt und insbesondere das berufliche Näheverhältnis des Zeugen der Beklagten unberücksichtigt gelassen, sodass die Vermutung des § 476 BGB zu ihren Gunsten eingreife.
Die Klägerin hatte hiermit keinen Erfolg.
Nach Auffassung des OLG Düsseldorf war die Beweisvermutung des § 476 BGB vorliegend gar nicht erst anwendbar, sodass der Händler bereits nicht gezwungen sei, diese zu widerlegen. Das OLG verwies zur Begründung auf eine ältere Entscheidung des BGH. Nach dieser fällt aus der Vermutung des § 476 BGB heraus, was auch einem technisch nicht versierten Käufer bei der Übernahme des Fahrzeugs auffallen muss. Die Art des Mangels sei in solchen Fällen mit der Beweisvermutung des § 476 BGB unvereinbar.
(OLG Düsseldorf Urt. v. 17.03.2017, Az. I-22 U 211/16)
Anmerkung der BVfK-Rechtsabteilung:
Die BVfK-Rechtsabteilung hatte sich in der Vergangenheit aufgrund der hohen Relevanz für den Kfz-Handel bereits mehrfach mit der Grundsatzentscheidung des BGH zur Beweislastumkehr auseinandergesetzt und die Ergebnisse im Rahmen des Wochenendtickers veröffentlicht.
Dabei entschieden die Gerichte meist zu Lasten der Verkäufer, da es diesen kaum gelingen konnte, den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe absolut mangelfrei war.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf verdeutlicht jedoch, dass der Geltungsbereich der Beweislastumkehr entscheidend von der Art des Mangels abhängt! Seitdem § 476 BGB in seiner Wirkung quasi zu einer Garantie aufgewertet wurde, wird der Schwerpunkt der Verteidigung der Händler zukünftig darin liegen müssen, die Art des Sachmangels als unvereinbar mit der Beweisvermutung zu deklarieren, sofern die Vermutung auf zweiter Ebene nicht sicher widerlegt werden kann.
Sofern ein Käufer sich auf die Beweisvermutung des § 476 BGB beruft, sollte die Erkennbarkeit des Mangels für den nicht versierten Käufer daher in jedem Falle genau geprüft werden. Jedenfalls ist den Feststellungen des Urteils zu entnehmen, dass bei äußerlichen Beschädigungen des Fahrzeugs, die dem durchschnittlichen Käufer bei der Fahrzeugübergabe auffallen konnten, nicht zu Lasten des Verkäufers vermutet werden kann, dass die Beschädigungen bereits vor der Übergabe vorhanden waren. Die Berufung auf die Beweislastumkehr dürfte in solchen Fällen versagt sein.
Auch wenn die kürzlich ergangene Entscheidung des BGH zur Beweisvermutung bei der Händlerschaft für Unmut gesorgt hat und wieder einmal die Rechte des Käufers gestärkt wurden, zeigt das Urteil des OLG Düsseldorf, dass auch in diesen Fällen die Aussicht auf eine erfolgreiche Verteidigung bestehen kann.
Matthias Giebler
BVfK-Rechtsabteilung
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